Gesundheitsversorgung Opiatabhängiger in bayerischen Justizvollzugsanstalten (JVA)
Prävention und Aufklärung, aber auch ein für Drogenabhängige möglichst gutes Gesundheitsangebot sind die zentralen Bausteine der bayerischen Drogenpolitik.
Eine besondere Risikogruppe von Drogenkonsumenten sind Häftlinge in Justizvollzugsanstalten. So wird der Anteil Drogenabhängiger in JVA auf mindestens 25-30% geschätzt. Ein unkontrollierter oder unkontrollierbarer Drogenkonsum führt dazu, dass überdurchschnittlich häufig kürzlich aus der Haft entlassene opiatabhängige Strafgefangene an einer Drogenintoxikation versterben.
So verstarben 2010 10% aller bayerischen Drogentoten kurz nach ihrer Entlassung aus einer JVA. Nach Angaben der Nürnberger Drogenhilfe verstarben in den Jahren 2017- 2019 mindestens 16 von 68 (23%) Drogentoten in Nürnberg innerhalb von 4-8 Wochen nach ihrer Haftentlassung. Die ersten Wochen in der Freiheit sind offenbar am kritischsten, die Rückfallrate ist sehr hoch und die Opiattoleranz sehr niedrig.
Um diese inakzeptabel hohe Zahl an Drogentoten zu minimieren sind im Sinne einer wirkungsvollen Prävention gemeinsame Anstrengungen bei der Gesundheitsversorgung dieser Hochrisikogruppe für die Zeit vor und nach der Haftentlassung notwendig.
Dies erfordert eine möglichst lückenlose Zusammenarbeit und ein Übergangsmanagement der Gesundheitsversorger in der JVA, die im Zuständigkeitsbereich der Justizministerien liegt und den öffentlichen Gesundheitsversorgern bzw. (Kommunalen) Drogenberatungen für die Zeit nach der Entlassung. Um in der Vorbereitung von Opiatabhängigen auf die Zeit nach der Haftentlassung eine optimale Gesundheitsversorgung und Zusammenarbeit der Gesundheitsanbieter zu gewährleisten muss eine enge Vernetzung mit den Institutionen der JVA (in der Verantwortung des Justizministeriums des Freistaates Bayern) gesucht werden. Dabei stehen eine Reihe von Fragen an das Justizministerium im Vordergrund, mit deren Hilfe die oben beschriebene Problematik einer Übergangsbetreuung von Drogenabhängigen nach ihrer Haftentlassung verbessert werden soll. Der Schwerpunkt der Fragen bezieht sich auf die Situation in der JVA Nürnberg, da Nürnberg jahrelang bundesweit die meisten Drogentoten pro 100.000 Einwohnern aufwies.
Die CSU-Stadtratsfraktion stellt daher zur Behandlung im zuständigen Ausschuss folgenden
Antrag:
Die Verwaltung berichtet:
- Wie hoch ist die Zahl bzw. der Anteil opiatabhängiger Häftlinge (m/w) in den bayerischen JVA bzw. in der JVA Nürnberg? Gab es in den vergangenen Jahren in den JVA Drogentote?
- Gibt es eine systematische Erfassung Opiatabhängiger zum Zeitpunkt der Inhaftierung (Screening auf akuten oder chronischen Drogenkonsum)?
- Welche suchtmedizinischen Behandlungsangebote (Substitutionsbehandlungen) gibt es in den bayerischen JVA bzw. der JVA Nürnberg? Wie oft wird z.B. eine Behandlung mit Methadon, Polamidon oder Buprenorphin durchgeführt? Wie werden diese Angebote vermittelt? Inwieweit werden sie genutzt?
- Welche Weiterbildungen im Bereich der Suchtmedizin gibt es bei medizinischen Mitarbeitern der JVA (Nürnberg)?
- Wird in den JVA Naloxon als Notfallmedikament vorgehalten? Musste es in der Vergangenheit eingesetzt werden?
- Gibt es zur besseren Versorgung opiatabhängiger Häftlinge Kooperationen zwischen den medizinischen Mitarbeitern der JVA (Nürnberg) und den entsprechenden Gesundheitsanbietern bzw. Drogenberatungsstellen für die Zeit nach der Entlassung aus der JVA? Wie sehen diese Kooperationen aus?
Details
Datum
20. Juli 2020
Antragsteller
Kontakt
rainer.nachtigall@stadt.nuernberg.de
0179 / 20 87 424
Bearbeitungsstatus
offen