Biotop im Hochhaus: “Bosco verticale”

Biotop im Hochhaus: “Bosco verticale”

“Bauen und Natur vesöhnen” – so die Grundidee hinter dem vertikalen Wald im Hochhaus.

Wir finden die Idee faszinierend und stellten einen Antrag, zu prüfen ob und wo in unserer Stadt ein solch mutiges Bauprojekt umgesetzt werden könnte. Die großen Städte brauchen Zukunftsantworten, wie die Lebensbedürfnisse von immer mehr Menschen mit Natur und Umwelt vereinbart werden können.

Die Großstädte wachsen. Den Zuwachs an Bewohnern können sie nicht endlos mit räumlicher Ausbreitung, mit Wachstum in die Fläche zulasten der Natur kompensieren. Die Fläche ist begrenzt. Die großen Städte brauchen Zukunftsantworten, wie die Lebensbedürfnisse von immer mehr Menschen mit Natur und Umwelt vereinbart werden können.

Eine interessante städtebauliche Vision ist, dem Grünflächenmangel großer Städte mit intensiv begrünten Gebäuden zu begegnen. Die innovative Grundidee des Bosco verticale (deutsch „der senkrechte Wald“) ist Bauen und Natur zu versöhnen und den scheinbaren Gegensatz zwischen Beton und Flora und Fauna aufzulösen.

Vor zwei Jahren errichtete der Architekt Stefano Boeri in Mailand zwei Wohntürme, 110 und 80 Meter hoch als Prototyp naturnahen Wohnens in der Großstadt Die beiden Türme haben ausladende Terrassen, die intensiv mit mittelgroßen flachwurzelnden Bäumen bepflanzt sind und haben allseits begrünte Fassaden. Erklärtes Ziel war den Stadtraum in der norditalienischen Millionenstadt möglichst effektiv zu nutzen, ihn nicht weiter zu zersiedeln und zugleich Biodiversität und Stadtklima zu verbessern.

Mit der Bepflanzung der Türme wurden neue Lebens- und Nahrungsräume für Insekten und Vögel geschaffen. Die Wohntürme sind als Biotope zwischen den öffentlichen Parks und innerstädtischen Alleen gedacht, sie sollen auch einen aktiven Beitrag zu einem Biotopverbundsystem einer Stadt liefern. Der temporäre Rückhalteeffekt von Wasser entlastet auch bei Extremniederschlägen die städtischen Abwasseranlagen. Durch die Bäume und Pflanzen an der Fassade wird aber auch das Mikroklima in den Wohnungen und auf den Balkonen verbessert werden; die Pflanzen sollen Staub filtern und Lärm und Hitze mildern. Dadurch wird die Lebensqualität der Bewohner verbessert und der Bezug zur Natur in einer städtischen Umgebung hergestellt.

Rund 900 Bäume in 1,30 m tiefen auskragenden Betonwannen (bei Pflanzung bereits zwischen 3 und 9 m hoch) und mehr als 2000 weitere Pflanzen wachsen auf den Terrassen und an den Fassaden der grünen Türme. Gegen Wind und Stürme sind Gitter an den Pflanzwannen angebracht. Insgesamt 20 verschiedene Laub- und Nadelbaumarten und 80 weitere Pflanzenarten für den Bewuchs der Fassade sind von Botanikern an der Universität Mailand ausgewählt und aufeinander abgestimmt worden.  Bäume, Sträucher und Blühpflanzen sind so arrangiert, dass sie jahreszeitlich immer neue farbige Akzente setzen. Auch ökologisch überzeugt das: Wären die Bäume in der Ebene gepflanzt worden, hätte das eine Waldfläche von 7000 m² ergeben. Die Gesamtwohnfläche der Türme mit Einfamilienhäusern bebaut würde über 7 Hektar Fläche beanspruchen.

“Die Boschi verticali entwickeln sich in Mailand außerdem gerade zu einem Touristenmagnet ersten Ranges. Ein interessanter Nebeneffekt und auch ein Imagefaktor für die Innovationskraft der Stadt. Nürnberg, das sich gerade anschickt, Kulturhauptstadt Europas zu werden, stünde es gut an, wenn hier an exponierter Stelle der erste Bosco verticale nördlich der Alpen entstünde”, so Joachim Thiel, Stadtplanungssprecher der CSU-Stadtratsfraktion. “Das wäre ein Leuchtturmprojekt mit großer Strahlkraft. Es wäre auch ein Zeichen nach außen, dass wir eine Vordenkerrolle annehmen und für uns und andere Antworten auf eine zentrale Frage der Zivilisation suchen, nämlich wie denn Städte der Zukunft aussehen könnten.”

In Mailand hat der Bosco verticale bewiesen, dass das Konzept machbar ist. Es ist eine aufwändige Geschichte die viel Knowhow erfordert. So musste in Mailand fast zwei Jahre bei der Pflanzenwahl nachtariert werden, bis das System in sich ins Gleichgewicht kam.

“Natürlich muss das für jede Klimazone neu entwickelt werden. In Mitteleuropa wäre das ein ökologisches Pilotprojekt”, so Dr. Otto Heimbucher, Umweltsprecher der CSU-Fraktion und Vorsitzender des Bund Naturschutz in Nürnberg:  “Ein bosco verticale ist die Kombination aus Dach- und Fassadenbegrünung einerseits und gleichzeitig eine Symbiose aus Wohnen und Wildnis. Versiegelte Flächen in der Stadt können damit der Natur wieder ein Stück Heimat geben und den Menschen die Natur wieder ein Stück näher bringen. Daher würde es mich freuen, wenn in Nürnberg so ein Vorzeigeprojekt realisiert werden könnte.”

“Wenn jemand – und Interessenten dafür gibt es in Deutschland – ein mutiges Vorhaben, das viel Phantasie und Leidenschaft, Überzeugungs- und harte Arbeit, Risikobereitschaft und am Ende wohl auch richtig viel Geld fordern wird anpacken möchte, dann sollte Nürnberg dafür ein Angebot machen können”, so Joachim Thiel weiter.

Marcus König, Fraktionsvorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion findet die Idee faszinierend: “Es wäre ein Pilotprojekt für Deutschland, in dieser Konsequenz absolutes Neuland. Nürnberg war in der Geschichte immer auch Schrittmacher des Fortschritts – mit vielen Innovationen. Der Blick nach vorne hat in Nürnberg von jeher Tradition. Deshalb hätte das die unbedingte Unterstützung der CSU-Fraktion.”