Helen Jungkunz: Eine Hommage in Worten – Auszüge aus der Trauerrede des Bezirksvorsitzenden Michael Frieser
„Liebe Sabine, lieber Bernd, liebe Familie, werte Trauergemeinde,
Wir haben dem Stadtdekan zu danken für ein würdevolles, im besten Sinne des Wortes angemessenes Requiem für unsere Bürgermeisterin – Das hätte Helen gefallen!
Es war in den ersten Apriltagen des Jahres 1964 – meine Mutter war nach der Geburt gerade einmal zwei Tage mit mir aus der Klinik nach Hause zurückgekehrt, da beugte sich Helen Jungkunz über meine Wiege – die Folgen sind bis heute spürbar….
Solange ich denken kann, gehörte sie dazu, war immer da und Teil meiner nicht nur politischen Welt. Eben erst war sie aus ihrem Geburtsort Bamberg nach Nürnberg gekommen und hatte ihre Liebe auch zum Sport durch die Mitarbeit beim „Kicker“ entdeckt. Ausgangspunkt ihres Wirkens war immer die tiefe Verwurzelung im Glauben und die starke Verankerung in der Gesellschaft. Gerade die Herausforderung ihrer eigenen Lebenswirklichkeit hatte sie als Auftrag empfunden für Frauen ihrer Zeit einzutreten und sich stark zu machen:
Liebe Sabine, Es war sicherlich alles andere als einfach, als arbeitende, alleinerziehende Mutter auch noch politisch tätig zu sein. Das schärfte den Blick für eine notwendig gewordene, zeitgemäße Familienpolitik und die Überzeugung wie ganz selbstverständlich eine eigenständige Rolle in Arbeit und Gesellschaft zu übernehmen. Das schärft den Blick und nährt Verstand und Herz für andere einzutreten mit Respekt und Wertschätzung.
Die Eigenschaften, die ihr von allen, die sie getroffen hatten, zugeschrieben wurden: sympathisch, offen, interessiert, bürgernah, empathisch, zugewandt und! nahbar – erwachsen wie selbstverständlich aus dieser Grundhaltung.
Wir geben uns alle gerne der komfortablen Illusion hin, damit sei in der Politik nahezu alles zu erreichen. Aber Mut, Einsatzbereitschaft und Kampfgeist gehören eben genauso dazu: Unnachahmlich wie Helen Jungkunz nur durch Ausdruck und Mienenspiel, dem Zusammenwirken von Augenbraue und Mundwinkel Missfallen ausdrücken konnte.
Was ihr wichtig war, war des vollen Einsatzes wert und – heute eher selten – auch notwendig: Der Erfolg der CSU 1996 mit Ludwig Scholz den ersten OB in Nürnberg zu stellen war auch und gerade wesentlich auf sie zurückzuführen, war sie doch seit ihrem Einzug 1978 in den Nürnberger Stadtrat ganz vorne in der politischen Ebene der Entscheidungsträger bestimmend dabei. Später hätte sie alle Mandate erhalten und halten können. Aber ganz nah am Menschen zu sein, in der Kommunalpolitik, dort wo gerade Kultur und Sport den Menschen unmittelbar erreichen, fühlte sie ihre Gaben am sinnvollsten eingesetzt.
Ihr Kampf ums alte Linde-Stadion, aus dem schließlich die Nürnberg-Arena hervorging – ohne ihren Nachdruck und Durchhaltewillen schwerlich vorstellbar.
Vom Anliegen zum Auftrag mit Ansporn! Ihre Grundhaltung. „Dran bleib´n“ und „Beinander bleib´n“ – die Leitlinien ihrer zugewandten Einstellung zur eigenen Familie und der Gesellschaft.
Der Einsatz für IHRE Feuerwehr, IHREN Tiergarten – unvergessen!
Dass Nürnberg ein Austragungsort 2006 für die Fußball-Weltmeisterschaft werden konnte, ohne ihre guten – gerade auch internationalen – Kontakte nicht möglich. Daraus ging die wesentliche Modernisierung unseres Stadions hervor. Wie seltsam wirkt so manche Debatte über die Zukunft dieses Stadions heute an – wie kleinmütig.
Natürlich bleibt es ihr historischer Verdienst, die erste BürgermeisterIN der Stadt Nürnberg geworden zu sein – und war auch hier Wegbereiterin – fast wie selbstverständlich. Ihr Wirken für die CSU ist beispielgebend und wird es bleiben.
Die Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland und des Freistaates Bayern, sowie die Bürgermedaille der Stadt Nürnberg waren ihr wichtig, aber nichts wofür sie kämpfen wollte oder musste – sie fielen ihr zu. Die päpstliche Ernennung zur „Komturdame des Silvesterordens“ in Anerkennung ihres Einsatzes für das Erzbistum Bamberg aber machte sie stolz – eine sichtbare Anerkennung des tiefen Wirkens ihres Glaubens.
Um mit Reiner Maria Rilke zu sprechen:
…Wir alle fallen.
Diese Hand fällt.
Und sieh die anderen an – es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.
Dein Andenken, liebe Helen, muss wohl nicht aktiv bewahrt werden. Es bewahrt sich fast wie selbstverständlich durch Lebensleistung und Wirkung.
DANKE.“