Chance der Digitalisierung im ÖPNV nutzen

Die seit knapp zwei Jahrzehnten geltenden Atzelsberger Beschlüsse waren zum Zeitpunkt ihrer Verabschiedung der Versuch, auf der Basis rationaler Daten eine regelmäßige Tariffortschreibung im VGN mit den divergierenden Interessen seiner Mitglieder zu erreichen. Diese Absicht, so ist in der Rückschau zu konstatieren, wurde auch erreicht.

Die Grundidee folgt auch der volkswirtschaftlichen Logik, dass Produkte und Angebote des ÖPNV ebenso wie (fast) alle anderen Güter sich preismäßig im Rahmen der Inflationsrate entwickeln: Was für Grundnahrungsmittel, Kleidung, Autos, u.ä, gilt, lässt sich für den ÖPNV nicht außer Kraft setzen. Dabei weicht die Kostenentwicklung im ÖPNV allein schon aufgrund des hohen Anteils an Personalkosten gegenüber der Inflationsrate häufig nach oben ab. Gleichwohl hat der „Automatismus“, der den Atzelsberger Beschlüssen innewohnt, sowohl in der Bevölkerung wie auch in der Politik zu Unbehagen geführt.

Deshalb hat sich der Stadtrat in Nürnberg vor drei Jahren zu einer großen Tarifreform entschlossen, u.a. mit dem günstigen 365-Tage-Ticket mit Ausschlussfrist, einer günstigen Schülerkarte für die Kinder, die nicht von der Schulwegkostenfreiheit profitieren, dem Semesterticket u.v.a.m. Diese Reform ist fahrgastseitig und fiskalisch ein großer Erfolg.

Für die VAG gilt es nun die Chance der Digitalisierung verstärkt zu nutzen und endlich ein E-Ticket auf den Weg zu bringen. Langfristig ergeben sich mit der Einführung eines E-Tickets für das Tarifsystem im ÖPNV völlig neue Möglichkeiten:

Die Trennung zwischen Bar- und Zeitkarten hebt sich auf, was neue Anreize für Gelegenheitsfahrer ermöglicht. Viel- und Weitfahrerrabatte werden stufenlos und kombinierbarer, Tarifzonen können wegfallen, die Einnahmeaufteilung im Verbund wird transparenter. Ein E-Tarif bietet für die Nutzer eine wesentlich einfachere und wirtschaftlichere Abrechnung.

Ein dauerhafter Ausweg aus regelmäßigen Tariferhöhungen wird nur möglich sein, wenn von Bund und Land ein dauerhafter spürbarer Beitrag zur Betriebskostenfinanzierung des ÖPNV geleistet wird.

Vor diesem Hintergrund stellen die Stadtratsfraktionen von SPD und CSU folgenden

Antrag:

1. E-Ticket und E-Tarif

Die Einführung eines elektronischen Ticketsystems wird mit höchster Priorität weiterverfolgt. VGN und VAG legen dazu noch im Jahr 2018 die Eckpunkte einer Konzeption vor, wie künftig mit dem o.g. Möglichkeiten ein zukunftsfähiges Tarifsystem auszugestalten ist. Ziel ist es, ein E-Ticket im Jahr 2019 zu beschließen und ab 2020 einzuführen und damit die Grundlagen für einen E-Tarif zu schaffen.

2. Reform der Atzelsberger Beschlüsse

Unbeschadet davon wird die Verwaltung beauftragt, zusammen mit der VAG das Gespräch mit den Verbundpartnern und Verkehrsunternehmen über eine Fortentwicklung der Atzelsberger Beschlüsse zu suchen.

Die Verwaltung wird aufgefordert, mit der VAG und den Verkehrsunternehmen dahingehend zu verhandeln, dass die Eckdaten für die Tariffortschreibung 2020 so gesetzt werden, dass im Ergebnis deutlich geringere Preissteigerung, als bislang prognostiziert, zum Ansatz kommen. In diesem Zusammenhang wird mit den zuständigen Ministerien in Land und Bund erörtert, welche künftigen Finanzierungsmöglichkeiten zur Förderung des ÖPNV realisiert werden können.

3. Tariffortentwicklung in der Tarifstufe A 2019-2021

Der Preiserhöhung, wie sie vom Grundvertragsausschuss für die Verbundgremien vorgelegt worden ist, wird zugestimmt, jedoch mit folgender Maßgabe: Die über die 4er-Streifenkarte und das Handy-Ticket rabattierte Einzelfahrt kostet weiterhin 2,75 Euro. Zudem bleibt auch das familienfreundliche TagesTicket Plus bis 2021 auf dem jetzigen Preisniveau.

4. Kundeninformation/-kommunikation und Vertriebskampagne

Die VAG erarbeitet zeitnah ein Werbekonzept zur besseren Vermarktung des Handy-Tickets bzw. der 4er-Streifenkarte. Ziel ist, die bisheriger Käuferinnen und Käufer von Einzelfahrscheinen für diese beiden preiswerteren Produkte zu gewinnen. Die Kundeninformation muss dahingehend ab Herbst 2018 eindeutig und klar verständlich auf allen Vertriebswegen erfolgen.
Zudem soll geprüft werden, wie die Zahl der Verkaufsstellen strukturell erweitert werden könnte. Die intensiven Werbemaßnahmen für die Zeitkarten sollen zudem fortgesetzt werden.

Details

Datum

29. Juni 2018

Antragsteller

Kontakt

obm@stadt.nuernberg.de

Bearbeitungsstatus

offen